Wir entfliehen dem Trubel des Tiermarktes in Nizwa in Richtung der Festung Jabrin, die am Fuße des Jebel Akhdar (Grüner Berg, 2.980 m) liegt. Diese wurde im 17. Jahrhundert für den Imam Bil’Arub bin Sultan als Sommerresidenz errichtet. Das Bauwerk verzaubert vor allem durch seine Schlichtheit und die schöne Innengestaltung mit vielen Töpfen, Krügen und Teppichen. Durch eine verspätete Kreuzfahrtgruppe haben wir Glück, dass die Festung überhaupt noch zur Besichtigung offen hat. Da die offiziellen Öffnungszeiten vorüber sind an dem Tag, haben wir sie zur Besichtigung fast für uns und erkunden in aller Ruhe die Räume innerhalb der Gemäuer. Als wir gehen, treffen gerade die Kreuzfahrttouristen ein, die in Bussen angekarrt werden und in einem wohl knappen Zeitfenster im Eiltempo durch die Burg getrieben werden. Glück gehabt. Der Reiz von Kreuzfahrtreisen wird sich mir nie erschließen. Aber das ist ein anderes Thema.
Nächster Stopp auf unserer Oman Rundreise: Jebel Shams, der höchste Berg des Omans
Unser Weg führt uns an diesem Tag noch zum Jebel Shams (“Sonnenberg”, rund 3.000 Meter hoch), wo wir in einem Camp (Sama Heights Resort) die nächsten zwei Nächte verbringen werden. Die Straßen dorthin sind mal mit mehr, mal mit weniger Schotter und wir sind ganz dankbar für unseren Allradantrieb, der einem in jedem Reiseführer empfohlen und für die noch vor uns liegende Fahrt Richtung Jebel Akhdar sogar Voraussetzung ist. Im Camp angekommen, beziehen wir unsere zweckmäßig eingerichteten Zeltpavillons und lassen den Abend gemütlich ausklingen. Den nächsten Tag verbringen wir mit dem “Balcony Walk”, einer etwa vierstündigen Wanderung am Grand Canyon des Omans mit atemberaubenden Ausblicken auf die Schlucht Wadi Nakhar. Auch wenn man die Tour früh beginnt, kommt man aufgrund der Länge irgendwann in die große Hitze. Wir begannen die Tour am späten Vormittag und waren somit von Anfang an in der Hitze – super empfehlenswert ;)! Erst munteren Fußes, mit steigender Hitze und Tageszeit dann mehr und mehr lahmen Schrittes bestreiten wir den unbestritten wunderschönen Canyon-Weg. Die Aussichten sind wirklich sensationell und am Ende des Klippenweges, wo man nur noch mit Kletterausrüstung weiterkommt, lassen wir uns unsere Brotzeit in Gesellschaft einiger Bergziegen schmecken. Einige Touristen kommen von Bergseite her auf den Klippenweg und erzählen uns von einem Wasserbecken weiter oben. Auf einem Trampelpfad suchen wir also den Weg dorthin und finden es tatsächlich (den Weg kann ich allerdings beim besten Willen nicht mehr wiedergeben). Dort lassen wir uns dann noch eine ganze Weile nieder, halten ein kleines Schläfchen auf den Steinen und trennen uns nur widerwillig von diesem idyllischen Ort. Da wir aber selbstredend nicht im Dunkeln den Klippenweg zurücklaufen wollen, müssen wir wohl oder übel los. Noch einmal Zähne zusammenbeißen und erstaunlich wortkarg ob der von der Hitze mürben Gemüter laufen wir den Weg recht zackig zurück. Eine Dusche und ein Abendessen später fallen wir mit müden Beinen, aber glücklichem Herzen ins Bett.
Next Stop: Jebel Akhdar
Am nächsten Tag ist es soweit – Luxury awaits us! Wie zu Anfang erwähnt, ermöglichen uns die portemonnaiefreundlichen Zeltnächte den Aufenthalt in einem gehobenen Hotel. Die Wahl fiel auf das auf 2.000 Meter gelegene Anantara Al Jabal Al Akhdar Resort dessen dazugehörige Hotelgruppe Anantara ich in meinem Ex-Job mit betreut und lieben gelernt habe. Wir fackeln frühs also nicht lange und machen uns auf Richtung Luxus. Die Aussicht auf einen gehobenen Standard ist nach unseren Zelt-, Camp- und Guesthouse-Nächten enorm. Die Fahrt dorthin dauert gute zwei Stunden (einmal Jebel Shams runter, dann Jebel Akhdar hoch) und am Fuße des Jebel Akhdar passieren wir die angekündigte Allradkontrolle – andere Autos dürfen aufgrund der Straßenverhältnisse nicht hoch.
Dorf Al Misfah Al Abriyeen am Fuße des Jebel Shams: kleines Juwel auf dem Weg zum Jebel Akhdar

Auf unserem Weg zum Anantara entscheiden wir uns aufgrund des Puffers bis zum möglichen Checkin dann noch spontan zu einem Abstecher in das Dorf Al Misfah Al Abriyeen, ein kleines Juwel am Fuße des Jebel Shams, das uns unser Reiseführer empfiehlt. Bereits am Ortseingang weisen Schilder Touristen eindringlich darauf hin, sich möglichst leise und in angemessener Kleidung durch das Dorf zu bewegen. Etwas, das für uns selbstverständlich ist, scheint es für andere Touristen in der Vergangenheit nicht gewesen zu sein.
Das Dorf ist geprägt durch die Aflaj (gespr. Afladsch), dem omanischen Bewässerungssystem, das in der Form weltweit einzigartig ist (fünf Stätten des Systems im Oman sind seit 2006 UNESCO-Weltkulturerbe). Es handelt sich dabei um ein über 4.000 Jahre altes Kanalsystem, welches das wertvolle Gut Wasser an die Einwohner verteilt. Gewonnen wird das Wasser aus verschiedenen Quellen z.B. in der Bergregion oder auch Talorten wie dem wasserreichen Nizwa, aus Wadis oder dem Grundwasser. Jeder Ort hat seinen eigenen Wakir, eine Art Wasserwächter, der hohes Ansehen genießt und für die Wasserverteilung zuständig ist. Das System hat ganz unterschiedliche Formen – mal sind es kleine Rinnsale, mal breite Kanäle. In Al Misfah Al Abriyeen durchziehen munter plätschernde breitere Kanäle das Dorf, die ab und an in Auffangbecken münden und umgeben sind von Pflanzen in Hülle und Fülle. Nach einer erfrischenden hausgemachten Zitronenlimo spazieren wir eine Weile auf den Mauern der Wasserkanäle und saugen den Duft von frischen Zitronen, Granatäpfeln und Kräutern auf. Was für ein paradiesisches Kleinod, das wir bei unserem Besuch mit fast keinen anderen Touristen teilen müssen.
Jebel Akhdar: Heaven on earth im Anantara
Unsere Ankunft im Anantara (das wie erwähnt auf 2.000 Meter direkt mit Ausblick auf einen Canyon liegt) ist dann, sagen wir mal, bemerkenswert. Luxushotelunerfahren (ich habe diese Erfahrung nur aus Pressereisen, wo man selten mit Zeltequipment anreist) täuschen wir erst einmal an und fahren schnurstracks an dem vor dem Hoteleingang wartenden Concierge, der unser Auto parken will, vorbei. Nach kurzer Sondierung der Lage kommen wir überein, dass in einem Hotel dieses Standards selbstverständlich der Wagen geparkt wird und wir halten nun endlich vor dem sichtlich irritierten Concierge. Sogleich kommt noch mehr Personal, um unser Gepäck aus dem Kofferraum zu bugsieren. Kaum peinlich also, dass denen als erstes eine Rolle Toilettenpapier und ein Glas Nutella entgegenfällt. Erster Eindruck – check! Wir bewahren Contenance und verkrümeln uns mit knallroten Gesichtern (nur von der Sonne!) in Richtung Rezeption. Alles klappt, die Zimmer mit Ausblick auf den Canyon sind atemberaubend und unsere Stimmung ausgelassen.
Zudem fällt unser Ankunftstag auf den omanischen Nationalfeiertag (18. November), was eine feierliche Zeremonie und am Abend das Angebot typisch omanischer Gerichte zur Folge hat. Für die nächsten zwei Tage nehmen wir uns nichts vor außer chillen und essen. Akku aufladen gelingt hier wunderbar, wir liegen den ganzen Tag am Pool und genießen das süße Nichtstun. Das Essen ist exzellent – alleine fürs Frühstück brauchen wir fast zwei Stunden und wir eskalieren beim Anblick des vielfältigen Buffets völlig.

Highlight unseres Aufenthalts ist definitiv die Yogastunde bei einem Nepalesen-Yogi auf der Canyon-Aussichtsplattform (während unseres Aufenthalts immer dienstags kostenlos). Mein weiteres persönliches Highlight ist eine Massage im Anantara Spa, deren Qualität ich von Pressereisen kenne und mir daher gönne. Der Abschied nach zwei Tagen fällt nicht leicht, denn an Völlerei und Luxus gewöhnt man sich nur allzu gerne.